Die Klärung von Meinungsverschiedenheiten bei Baustreitigkeiten durch ein sachverständiges Schiedsgutachten, ist gegenüber einer gerichtlichen Auseinandersetzung:
Streitigkeiten über Bauausführung oder Baumängel, Bauleistungsrechnungen, die Einhaltung der anerkannten Regeln der Technik und Baukunst oder über den Verkehrswert eines bebauten Grundstücks kann, ein eventuell jahrelanger, teurer Rechtstreit durch ein Schiedsgutachten in kurzer Zeit und mit geringem Kostenrisiko vermieden werden.
Ziel eines Schiedsgutachtens
Ziel des Schiedsgutachtens ist es, Meinungsverschiedenheiten von Vertragsparteien über den Inhalt, die Auslegung oder die Anpassung eines Vertrages, durch einen unabhängigen, unparteiischen und fachlich kompetenten Sachverständigen, verbindlich klären zu lassen. Der Gang zum Gericht soll dadurch vermieden werden, bleibt aber unter bestimmten Voraussetzungen möglich. Aufgabe des Schiedsgutachters ist es, im Rahmen eines Rechtsverhältnisses für die Vertragsparteien, zweifelhafte oder umstrittene Punkte zu klären. Gegenstand kann dabei im Grundsatz alles sein, was sich durch Sachverständige begutachten lässt und nicht gegen zwingende gesetzliche Normen verstößt.
Das Wesen des Schiedsgutachtens besteht darin, dass sein Ergebnis für beide Parteien verbindlich ist und nur bei grober Unbilligkeit oder grober Unrichtigkeit angefochten werden kann. Kommt es später zwischen den Parteien zu einem Rechtsstreit, ist das Gericht an die Feststellung des Schiedsgutachters gebunden wenn das Gutachten richtig ist.
Die Einschaltung von Rechtsanwälten ist nicht notwendig.
Gesetzliche Grundlagen
Das Schiedsgutachten basiert auf den Regelegungen der §§ 317 ff, des Bürgerlichen Gesetzbuches BGB.
§ 317 Abs. 1 BGB lautet: „Ist die Bestimmung der Leistung einem Dritten überlassen, so ist im Zweifel anzunehmen, dass sie nach billigem Ermessen zu treffen ist.”
Dies bedeutet, dass im Ergebnis des Gutachtens auch eine Ermessensentscheidung, in Richtung Interessenausgleich, getroffen werden muss. Das Schiedsgutachten muss also nicht unter jedem denkbaren Gesichtspunkt richtig sein, weil es nur dann angefochten werden kann, wenn es offenbar unrichtig ist.
§ 319 Abs. 1 BGB lautet: „Soll der Dritte die Leistung nach billigem Ermessen bestimmen, so ist die getroffene Bestimmung für die Vertragsschließenden nicht verbindlich, wenn sie offenbar unbillig ist.”
Das Schiedsgutachten kann also nur bei offenbarer Unbilligkeit gerichtlich angefochten werden. Bloße Fehlerhaftigkeit, deren Ergebnis den Grad offenbarer Unbilligkeit nicht erreicht, lässt die Verbindlichkeit des Schiedsgutachtens unberührt und führt konsequenterweise auch nicht zur Haftung des Sachverständigen.
Verfahrensablauf
Der Verfahrensablauf für die Durchführung von schiedsgutachterlichen Auseinandersetzungen ist nicht zwingend geregelt.
Folgend stellen wir die von uns üblicherweise gewählte Abwicklung dar:
Einigkeit der streitenden Parteien über die Einschaltung eines Schiedsgutachters mit Abschluss einer verbindlichen Schiedsgutachtenabrede bzw. des Schiedsgutachtervertrages. (Grundvertrag)
Damit die Schiedsgutachtenabrede ihren Zweck, Meinungsverschiedenheiten ohne Inanspruchnahme des Gerichts beizulegen, erfüllen kann und nicht selbst Quelle zusätzlicher Streitigkeiten wird, sollte sie auf den jeweiligen Vertragsgegenstand zugeschnitten und so konkret wie möglich formuliert werden. Es empfiehlt sich, darin mindestens folgende Punkte anzusprechen:
Ein Beispiel einer Schiedsgutachterabrede (Grundvertrages) ist in der Anlage (s.u.) als pdf enthalten.
Auswahl des Schiedsgutachters durch beide Parteien
Auftragserteilung an den Sachverständigen
Zur Auftragserteilung ist ein separater Sachverständigenvertrag mit den ausgewählten Sachverständigen unter Berücksichtigung des Grundvertrages abzuschließen. Der Gutachtervertrag sollte mindestens folgende Vereinbarungen enthalten:
Die Einladung zu einen Ortstermin erfolgt in der Regel schriftlich mit einer Frist von 14 Tagen, sofern von den Parteinen kein früherer Termin gewünscht wird. Erstellung des Gutachtens unter den folgenden Vorgaben und postalischer Versand an beide Parteien. Der Sachverständige darf sich nicht auf einseitige Informationen einer Partei verlassen, sondern muss stets beide Seiten anhören. Bei einseitiger Einholung von Informationen, hat er die andere Partei davon in Kenntnis zu setzen. Beeinflussungsversuche einer Partei hat er zurückzuweisen. Einseitige Verhandlungen, mit nur einer Partei, hat er zu unterlassen. Stellt sich während der Erarbeitung des Gutachtens heraus, dass das vereinbarte Honorar nicht ausreicht oder die zu erwartenden Auslagen erheblich überschritten werden müssen, sollte der Sachverständige, vor der Weiterarbeit, beide Parteien informieren und deren Einverständnis einholen. Verstößt der Sachverständige, während der Gutachtenerstellung, gegen die Gebote der Neutralität und strikten Sachlichkeit, kann er wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden. Wenn beide Parteien den Sachverständigen ablehnen, wird dies durch eine Kündigung des Vertrages mit sofortiger Wirkung gegenüber dem Sachverständigen bewerkstelligt. Wenn nur eine Partei den Sachverständigen ablehnt, kann sie die Schiedsgutachtenabrede, aus wichtigem Grund gegenüber dem anderen Vertragspartner, kündigen.
Erläuterung des Gutachtens bei Unklarheiten
Die Erläuterung des Schiedsgutachtens wird in Anwesenheit der Parteien ca. 8-10 Tage nach Gutachtenzugang durchgeführt, sofern Unklarheiten über die Ausführungen das Sachverständigen bestehen.
Kündigung des Gutachtenvertrages
Der Vertrag mit dem Schiedsgutachter kann jederzeit, im gegenseitigen Einverständnis, aufgehoben werden. Die Parteien des Grundvertrages können den Vertrag mit dem Schiedsgutachter auch gegen seinen Willen jederzeit kündigen; eines wichtigen Grundes bedarf es dazu nicht. Die Kündigung muss aber von beiden Parteien ausgesprochen werden; die einstige Kündigung einer Partei ist ohne Rechtswirkung. Der Sachverständige hat im Fall einer wirksamen Kündigung, durch beide Parteien, Anspruch auf das bis dahin verdiente Honorar, es sei denn, er hat den Kündigungsgrund verschuldet (§ 649 BGB). Der Sachverständige selbst kann den Auftrag aus wichtigem Grunde kündigen, auch wenn er sich dieses Recht vertraglich nicht vorbehalten hat. Ein wichtiger Grund liegt vor, wenn dem Sachverständigen wichtige Unterlagen, Proben oder Auskünfte vorenthalten werden oder ihm eine sonst erforderliche Unterstützung verweigert wird:
Eine solche Kündigung wirkt nur für die Zukunft; der Sachverständige hat Anspruch auf das bis dahin verdiente Honorar. Die Kündigung muss gegenüber beiden Auftraggebern ausgesprochen werden.
Sachverständigenhonorar
Die Honorierung für Schiedsgutachten für die Beurteilung von Bauschäden und Baumängel (Baustreitigkeiten) berechnet sich auf Grundlage üblichen Stundensätze nach Aufwand.